Natur direkt erleben – Mit dem Rad – Erfurt 2019

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Wo ich schon immer mal hin wollte

Geschützte Natur an Katzenberg und Schwellenburg – 24.08.2019

Erfurts Natur ist immer eine Reise wert, und wenn Sie kommen, bringen Sie Ihr Rad mit, es lohnt sich …

Geschützte Natur

Angeregt von einem Artikel in der Wochenendausgabe der Thüringer Allgemeine, rückte die Schwellenburg bei Erfurt wieder in den Fokus. Geschützte Natur vor der Haustür. Schon oft vorbei geradelt, irgendwann einmal besucht, in tiefster Jugend, wenigstens hundert Jahre zurück, wollte ich da schon immer mal wieder hin. Beschrieben wurde ein Wanderweg von Kühnhausen über die Schwellenburg nach Tiefthal, also kombinierte Radtour/ Radwanderung. So schlimm kann es ja nicht werden, wie man diesen Hügel vom Vorbeifahren oder aus der Vergangenheit in Erinnerung hat, dachte ich bei mir. Aber der Reihe nach. Wenn schon, dann eine größere Runde, da boten sich Großer und Kleiner Katzenberg bei Kerspleben als Zwischenziel an. amazonvideo

Kerspleben

Wer die Runde von Erfurt aus fahren möchte, benutzt den Fernradweg Thüringer Städtekette bis Azmannsdorf, ich kam von Niedernissa her über Linderbach. Am Fuße des Ringelbergs, dort wo das im ersten Bild gezeigte Schild über die Natur rund um den Ringelberg steht, führt ein gut befahrbarer, geschotterter Weg parallel zum Linderbach nach Kerspleben.

Vorbei an einem Neubaugebiet bis zur Ortsdurchfahrt, dann Rechts, am Gasthof „Hohenzollern“ nach Links abbiegen, erreicht man über den Mühlweg die betonierte Zufahrt zum Großen und Kleinen Katzenberg.

Erholsame Natur im GLB

Beides geschützte Landschaftsbestandteile (GLB) mit einer Gesamtfläche von 10,5 ha. Das Gelände ist geprägt von Trockenrasen, Buschgruppen, Hecken, vereinzelten Laubbäumen und Streuobstbeständen. Ein Schutzgebiet nicht nur für einige gefährdete Pflanzen-, sondern ebenso für verschiedene Tierarten. Mehr dazu lesen Sie auf der Webseite des Umweltamtes der Stadt Erfurt – Großer und Kleiner Katzenberg.


Der Ort Kerspleben ist eingebunden in das neue Radwegenetz Radring Erfurt – Tag 1 auf dem Ring finden Sie hier>>>


Weiter nach Kühnhausen

Etwa hundert Meter unterhalb des Katzenbergs führt ein betonierter Wirtschaftsweg vorbei am dritten Teil des GLB. Nach etwa 1,5 Kilometern erreicht man den vom Erfurter Süd-Osten her kommenden Radweg, der nach Stotternheim und an die Stotternheimer Seen führt. Wer von hier aus in die Natur zur Schwellenburg nach Kühnhausen will, benutzt den Radweg, der parallel zur Bunsenstraße zur Rote-Berg-Siedlung führt. Aber davor erlebte ich noch eine Überraschung.

Staatszirkus – mitten in der Natur?

Ein Wohnwagen des österreichischen Staatszirkus vor einem verwilderten Garten. Schaut man da mal nach? Lieber nicht, wer weiß, wer sich da aufhält? Während ich nachdachte, kam ein PKW mit Frankfurter Kennzeichen den Betonweg entlang gefahren. Junge Leute darin, die grüßten, bevor sie auf den Feldweg einbogen. Die sehen harmlos aus, dachte ich und folgte ihnen. Eine Community, die sich vorgenommen hätte, Ordnung in das Dickicht zu bringen, erfuhr ich. Ich zählte etwa zehn Personen und einen jungen Hund. „Bitte keine Fotos“, sagte der Anführer, eines hatte ich bereits vom Inneren der Anlage. Das dürfe ich veröffentlichen, sagte er zu mir, aber bitte ohne Gesicht. Nun gut. amazon_audible

Vorbei am Roten Berg – ebenfalls geschützte Natur

Weiter auf dem Radweg über den Autobahnzubringer, Rote-Berg-Siedlung nach Gispersleben. Beim Roten Berg, der bekanntermaßen den Erfurter Zoopark beherbergt, handelt es sich ebenfalls um einen geschützten Landschaftsbestandteil, fast unberührte Natur auf der Rückseite des Berges.
Ab Gispersleben kann man bis Kühnhausen den Gera-Radweg benutzen. Ich hatte mich entschlossen, den Ort zu durchqueren und den Radweg entlang der alten B 4 zu befahren. Wer den Radweg benutzt, hat die Möglichkeit, einen Abstecher zur „Roten Wand“ in Gispersleben einzulegen. Bemerkungen dazu gab es bereits hier in einem Update – Geraradweg von Erfurt bis zur Unstrutmündung.

Die Schwellenburg

Entlang der Landstraße nach Tiefthal, kurz nach der Unterführung der B 4 erreicht man den Aufgang zur Schwellenburg. Von Weitem sieht sie nahezu unscheinbar aus, jungfräuliche Natur. Auf einer Tafel am Fuße des Hügels, überschrieben mit: „Steppe am Stadtrand“, sind sehr interessante Einzelheiten zu Flora und Fauna wie zur Entstehungsgeschichte des Landschaftsteils zu lesen. Wer die B 4 stadtauswärts befährt, sieht linkerhand drei weitere, aus der Ebene heraus ragende Kegel mit demselben Ursprung wie die Schwellenburg. Das Kippelhorn, den Hühnerbiel und den Marolsberg. Ich erinnere mich, dass es hinter einem dieser Hügel früher eine Schießanlage der Polizei gab.

Natur pur, wie auf einem anderen Kontinent

Bei der Schwellenburg handelt es sich um ein Naturschutzgebiet (NSG), das älteste im Erfurter Stadtgebiet mit einer Fläche von derzeit 22 ha. Die Ausdehnung erfasst man wirklich erst dann, wenn man den Hügel erklommen hat. Der einzige deutsche Fundort von Steppen-Stiefmütterchen, ist zu lesen. Reste des Mittleren Keupers aus härterem Gestein, das der Verwitterung getrotzt habe, wie die drei weiteren Kegel daneben. Eine eindrucksvolle Landschaft, Natur pur, man fühlt sich wie auf einen anderen Kontinent verschlagen. Mehr Information auf der Webseite des Umweltamtes Erfurt.

Lebensraum, Natur für spezielle Tier und Pflanzenarten

Der Aufstieg mit Fahrrad beschwerlich, für mich ohnehin nur schiebend realisierbar. Doch der steile Anstieg, besonders im letzten Drittel, dürfte selbst für durchtrainierte Mountain-Biker eine Herausforderung darstellen. Es geht über die „Bad Lands“, das schlechte Land. Der Name rührt daher, dass Regen und Wind am Hang die Mutterbodenschicht erodierten und der darunter anstehende Tonmergel an die Oberfläche drang. Lebensraum, Natur für spezielle Tier und Pflanzenarten.
Auf der Höhe angekommen, kann man fahren, doch schieben wird empfohlen, allein wegen der bezaubernden Landschaft, die sich dem wachen Auge bietet.
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Besiedlung seit der Jungsteinzeit

Hier gibt es sogar noch Fluginsekten, weit und breit keine Windräder. Man steht wie auf einem Aussichtsturm mit Blick weit in das Erfurter Becken hinein bis hin zu den säumenden Höhenzügen des Harzvorlands.
Reste künstlich angelegter Trockenmauern deuten am Südhang darauf hin, dass hier auf Terrassen Weinbau betrieben wurde. Überhaupt, so kann man lesen, gäbe es Hinweise auf eine Besiedlung seit der Jungsteinzeit. Die ersten Siedler ließen sich an den Rändern der Flüsse nieder, die Gera liegt nahe. Später möglicherweise als Fluchtburg genutzt.

Forschungsprojekt DINA, Natur-Schutz

Kühnhausen, die Endung deutet auf eine fränkische Ansiedlung hin, Elxleben auf Thüringer. In der Zeit des Eindringens der Franken, nach der Vernichtung des Thüringer Adels um den Anfang des sechsten Jahrhunderts herum, wird es hier nicht immer friedlich zugegangen sein.
Auf der Höhe fiel mir von Weitem schon ein Zelt auf, das sich als Insektenfalle erwies. Forschungsprojekt DINA – Diversität von Insekten in Natur-Schutz-Arealen – des NABU war auf einem Schild zu lesen. Am Südhang weitere „Zelte“.
Ich hatte mir vorgenommen, dem im Artikel der TA beschriebenen Weg zu folgen, doch die Suche nach dem Abstieg in Richtung Tiefthal erwies sich als erstes Problem.
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Das Rad lieber am Fuß des Hügels stehen lassen

Außer der Wegegabel am Fuße der Schwellenburg nicht ein einziges Hinweisschild. Erst ein deutlich ausgetretener Pfad, vorbei an einer ausgehöhlten Felsformation – vielleicht hauste hier einst ein Höhlenbär 😉 – lieferte den Hinweis, doch der Abstieg war mir, wenigstens auf den ersten Metern, zu schmal und zu steil. Ohne das Fahrrad im Gepäck vielleicht zu bewältigen. Daher zurück zum Aufstieg, über den der Abstieg nicht viel weniger kompliziert war. Davor noch ein Blick in fantastische Natur, auf eines der vier Landschaftsschutzgebiete, die das Erfurter Stadtgebiet berühren, die Fahner Höhe.

Update´- Ein neuer Radweg

Fazit: Wer nicht mehr über jugendliche Kräfte verfügt, der sollte das Rad lieber am Fuße des Hügels stehen lassen und zu Fuß gehen.


An der Schwellenburg vorbei verläuft der neue Radweg Radring Erfurt, Landwirtschaft erFahren – Falls Sie von dort hierher navigierten, kommen Sie hier auf die Seite zurück>>>


Zurück in die Stadt

… über Tiefthal und Marbach – Ich hatte mir vorgenommen, den letzten Teil des Zugs zum Christopher Street Day zu erleben, doch daraus wurde nichts, das Umherirren auf der Höhe, in dieser fast unberührt wirkenden Natur, hatte zu viel Zeit in Anspruch genommen. Wirklich nicht umsonst, nebenbei bemerkt, die Umgebung lädt geradezu zum längeren Verbleib ein. Nach Tiefthal kann man die

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Geschützter Landschaftsbestandteil

schwach befahrene Landstraße benutzen oder einen Feldweg, der Bach aufwärts rechts neben dem Weißbach verläuft. Da der Weg mir gut befahrbar erschien, entschloss ich mich zu letzterem.

Feldgehölze, Streuobstwiesen und Quellbereiche bei Salomonsborn

In der letzten Wochenendausgabe der TA las ich von einem geplanten Radweg von Tiefthal nach Kühnhausen, der wohl über diesen Weg verlaufen soll. Eine gute Entscheidung.
Die Strecke von Tiefthal nach Marbach ist bekannt aus meinem Bericht zum Tag 1 auf dem Erfurter Rad Rad. Nach Querung der Autobahn gelangt man in ein weiteres schönes Stück Natur, ein weiterer GLB, ein Hohlweg, der zum geschützten Landschaftsbestandteil „Feldgehölze, Streuobstwiesen und Quellbereiche bei Salomonsborn“ gehört.

Die Mosche-Baustelle suchte ich vergebens

Ursprünglich hatte ich geplant, den Hohlweg zu benutzen, doch die Zeit drängte, also entschloss ich mich, den Radweg zu fahren. Ein Blick nach Marbach war schon lange mal wieder fällig, auf meine inzwischen zwanzig Jahre zurück liegende Baustelle zwischen Bergener und Wasunger Straße. Alles gut in Schuss, die Bäume mittlerweile hoch gewachsen. Eine frühere Gartenanlage. Während der Bebauung kämpften wir um jeden Baum. Die Mosche-Baustelle suchte ich vergebens, man muss sich eben doch vorher genauer informieren.


Update 19.5.2020

Salomonsborn: Auf der Rückfahrt vom Alacher See ins Stadtgebiet (warum, das erfahren Sie hier>>>) entschloss ich mich, den Weg über Salomonsborn entlang der teils alten wie der im Zuge des Autobahnbaus neu angelegten Streuobstwiesen zu nehmen. Nicht nur Marbach, sondern auch Salomonsborn war einst eine meiner Baustellen, die größere von beiden, wie die Übersichtskarte zeigt (Neubaugebiet rot umrandet).

Wir begannen bereits im Sommer 1990 mit der Planung und dem Grundstücksankauf. Wir das war die Terra-Bau Erfurt GmbH, Eigentümer Treuhand, weil privatisierter VEB.

Die Planung wurde später verändert

Da gehörte Salomonsborn noch zum Landkreis Erfurt. Es gab Widerstände, der Kreis-Architekt lehnte das Vorhaben mit der Begründung ab, die Bebauung seit weithin sichtbar, was für ein Schwachsinn. Ich bot ihm eine Rundfahrt mit Besichtigung weithin sichtbarer Baugebiete an, die man nicht allein in Deutschland findet. Die Treuhand verkaufte später das Projekt an einen Investor aus dem Westen, völlig überteuert, der ging pleite, nicht allein an dem Projekt. Obgleich die Bebauung, entgegen unserer Planung, erheblich verdichtet wurde.


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Ein lachendes und ein weinendes Auge

Wenn ich mir das Wohngebiet heute anschaue, so vereinen sich ein lachendes und ein weinendes Auge. Das weinende weil es mein Projekt war, das lachende weil wir es wahrscheinlich mit unseren begrenzten Mitteln ebenso wenig zu Ende gebracht hätten.
Dennoch, ein sehr schönes Wohngebiet mit einer phantastischen Aussicht und einer reizvollen geschützten Landschaft, Natur vor der Haustür. Das hat nicht jeder, der am Rande der Stadt wohnt. Mehr zum GLB erfahren Sie hier>>>


Weiter von Marbach nach Erfurt
Zum Christopher Street Day auf dem Erfurter Anger

Schreck in mittlerer Nachmittagsstunde, der „Dritte Weg“ demonstriert mitten auf dem Anger gegen die „Homopropaganda“, schützt eure Kinder auf dem Spruchband zu lesen. Sicher abgeschirmt von einem mittelprächtigem Polizeiaufgebot. Schützt eure Kinder lieber vor diesen ewig Gestrigen. Man muss ja Homosexualität nicht unbedingt lieben, von denen wird sie, wie andere sexuelle Ausrichtungen, verteufelt. Es gab lautstarken Protest, friedlich, Schwule sind nämlich in der Regel friedlich, was man von einigen anderen nicht behaupten kann.

Lachende und feiernde junge Leute

Eine längere, verdiente Pause inmitten feiernder, überwiegend junger Menschen. Der Tag erfreut sich zunehmender Beliebtheit, nicht nur unter Schwulen und Diversen. Vielleicht ein Hinweis darauf, dass die Akzeptanz zunimmt, wenigstens unter den Jüngeren. Von älteren Semestern war leider weniger zu sehen, vielleicht ist es denen ja auch nur zu laut?
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