In Mellingen soll vom Kirchberg nach der
ehemaligen Burg auf dem Kapellenberg ein unterirdischer Gang führen. Vom Gehöft
des Gasthofes „Zur Linde“ und im Keller des ehemaligen Kornmaulschen Hauses ist
er bekannt. Der Volksmund nannte ihn auch Kriegslöcher, und er diente in
Kriegszeiten als Versteck für Menschen und Güter. Zwei Sagen befassen sich
näher mit dem unterirdischen Gang:
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Blick vom Kirchberg zur Linde, Richtung Kapellenberg
Vor vielen Jahren hatten sich einmal die
Mädchen und Burschen zur Spinnstube versammelt. Sie wussten von einem Gang, der
im Keller dieses Hauses einen Eingang hatte. Als sie in vorgerückter Stunde
übermütig wurden, stiegen alle hinab, um zu sehen, was in dem Gang los sei. |
Die
meisten der Jugendlichen kehrten schon bald wieder aus der unheimlichen
Dunkelheit und spürbaren Kühle um.
Eine junge Magd hatte Mut und ging Schritt
für Schritt weiter vorwärts. Plötzlich stand sie vor einer großen eichenen Tür.
Sie klopfte kurz entschlossen an, und als sie zu ihrer Verwunderung herein
gerufen wurde, trat sie in einen großen Raum. An einem runden Tisch saßen
Männer mit langen dunklen Bärten, zu ihren Füßen lag ein großer schwarzer
Hund. Auf einer Anrichte standen
gewichtige Zinnkrüge, und aus Kisten und Kästen blinkten allerlei Reichtümer.
Auf die Frage der Männer, was sie wolle,
antwortete die junge Magd in ihrer natürlichen Bescheidenheit: Ich möchte
nichts. Die geheimnisvollen Bärtigen reichten ihr jedoch einen Krug, der bis
zum Rand mit Geldstücken gefüllt war und meinten dazu: Davon musst du das erste
Stück in den Klingelbeutel werfen, das zweite in den Opferstock, und die dritte
Münze gib den Armen. Alles Übrige gehört dir, und du kannst damit machen was du
willst. Ist das Geld alle, kannst du jederzeit wiederkommen, nur sage niemandem
ein Wort von dem, was du hier unten gehört und gesehen hast. Es wird nicht ohne
Unglück gehen, wenn du etwas ausplauderst!
Die Magd fand wieder zurück. Als nun die
Mädchen und Burschen den Krug mit den blinkenden Münzen sahen, fielen sie
darüber her, bedienten sich großzügig und bestürmten die Arme solange mit
Fragen, bis sie alles genau erzählt hatte. Die Strafe für die Schwatzhaftigkeit
folgte auf dem Fuße. Das nur für so eine kurze Zeit reich und glücklich
gewesene Mädchen wurde krank, und ehe neun Tage vergangen waren, da war es tot.
Viele Jahre waren nach diesem traurigen
Ereignis vergangen, da beschloss ein beherzter und stämmiger Bursche, sein
Glück auch einmal im Gang zu versuchen. Mit einer schweren Rodehacke
ausgerüstet, drang Hans, so hieß der Bursche, mutig in den dunklen Gang vor.
Nicht lange dauerte es, und er kam an die schwere eisenbeschlagene Eichentür.
Sie war fest verschlossen. Nun musste die Hacke helfen, die Tür aufzuzwängen
oder zu zerstören. Unmittelbar in die ersten wuchtigen Schläge hinein vernahm
der Bursche eine laute und raue Stimme: Hans, weiche!
Erschrocken ließ er sein Werkzeug fallen und
trat schnellstens den Rückzug an. Er hatte den Ausgang in den Keller kaum
erreicht, so hörte er hinter sich einen ohrenbetäubenden Lärm, ein
fürchterliches Krachen und Poltern. Ein großer Teil des Ganges war
zusammengebrochen, um in Zukunft habgierigen Eindringlingen den Weg zur
Schatzkammer nicht mehr zu ermöglichen.
Blick zum Kirchberg
Erschrocken ließ er sein Werkzeug fallen und
trat schnellstens den Rückzug an. Er hatte den Ausgang in den Keller kaum
erreicht, so hörte er hinter sich einen ohrenbetäubenden Lärm, ein
fürchterliches Krachen und Poltern. |
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Ein großer Teil des Ganges war
zusammengebrochen, um in Zukunft habgierigen Eindringlingen den Weg zur
Schatzkammer nicht mehr zu ermöglichen.
(aus
„Ilmtalsagen“)
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